Forschungsprojekte
Entwicklung von wissenschaftlichen Grundlagen für den Streichbogenbau zur Entwicklung einer neuen Studienrichtung am Standort Markneukirchen
Aufgrund seiner hohen musikalischen Relevanz verfügen professionelle Musikerinnen und Musiker oftmals über mehrere Streichbögen. Der Bedarf an hochwertigen kunsthandwerklich gefertigten Bögen ist entsprechend groß. Markneukirchen gilt als die Wiege des Streichbogenbaus im deutschsprachigen Raum und genießt weltweit einen exzellenten Ruf. Die Stadt im Vogtland wird mit kunsthandwerklich gefertigten Bögen höchster Präzision und musikalischer Qualität verbunden.
Am Studiengang Musikinstrumentenbau soll nun durch das Projekt eine wissenschaftliche Grundlage gelegt werden, um eine neue, weltweit einzigartige und international beachtete Bildungsmöglichkeit als Studienrichtung im kunsthandwerklichen Streichbogenbau an der Westsächsischen Hochschule Zwickau zu schaffen.
Die Frage danach, welche Merkmale ein als „sehr gut“ bewerteter Streichbogen aufweist, ist wissenschaftlich noch immer ungeklärt. Das Projekt zielt daher auf grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die geometrischen, materialtechnischen, vibroakustischen und elastomechanischen Eigenschaften von Streichbögen ab. In Zusammenarbeit von vier Fakultäten der Westsächsischen Hochschule Zwickau und deren Arbeitsgruppen wird das Projekt in drei Teilschritten durchgeführt.
Zu Beginn des Projekts werden notwendige Bedarfe an Streichbögen aus Sicht von Herstellern, Musikern, Ingenieuren und Wissenschaftlern in einer Anforderungsmatrix zusammengeführt. Daraus leiten sich ein Versuchsplan und die technischen Parameter für die Entwicklung von Versuchsmessplätzen ab. Im Anschluss werden Fragen für die Studiendurchführung erarbeitet und entsprechend der Fachliteratur ein passendes Studiendesign recherchiert. Der daraus resultierende Fragenkatalog bildet die Grundlage für die Befragung von Profimusikern. Begleitend wird eine Dokumentation der Studiendurchführung erstellt.
Das der Befragung folgende Programm richtet sich auf die Entwicklung und Berechnung von optischen Ansätzen zur Messung von Schwingungseigenschaften, der Steifigkeit und des Formverlaufs eines Streichbogens. Dabei werden die optischen und technischen Rahmenbedingungen für die Erfassung der Eigenschaften in einem Laboraufbau festgelegt.
Schließlich folgt der Aufbau des Labors entsprechend der erfassten Konzepte und die finale Messanordnungen für jede zu messende Eigenschaft im Hinblick auf Präzision, Messbereich, Linearität und Stabilität. Erste Testmessungen werden durchgeführt und relevante Datenauswertealgorithmen, zum Beispiel die Fourier-Analyse, beurteilt und Auswerteansätze für die einzelnen Messverfahren in entsprechender Software (u. a. Python, Matlab, LabView) umgesetzt.
Zuletzt werden drei Messplatzdemonstratoren zur Datenaufzeichnung von Schwingungseigenschaften, Steifigkeit und Formverlauf in den relevanten Situationen (Werkstatt, Entwurf, Ausbildung, etc.) aufgebaut. Mittels dieser Messplatzdemonstratoren ist es möglich, geeignete Streichbögen zu charakterisieren und auszuwählen. Letztendlich werden alle Befragungs- und Messergebnisse in einer dafür angepasste Auswertematrix gegenübergestellt und ein Wichtungssystem für den Gesamtdatensatz entwickelt. Am Ende findet eine finale Datenvisualisierung und Risikobewertung der erlangten Projektergebnisse für die Nachnutzung nach Projektende in weiteren Forschungsprojekten statt.
Die Ergebnisse aus der Analyse geometrischer, materialtechnischer, vibroakustischer und elastomechanischer Eigenschaften werden nach für den Musikinstrumentenbau relevanten Kriterien nachhaltig dokumentiert. Sie fließen u.a. in Form von Musterbögen und technischen Fertigungszeichnungen als wissenschaftliche Grundlage in die fachpraktische Lehre am Studiengang Musikinstrumentenbau ein und bilden die wissenschaftliche Grundlage für eine neue Studienrichtung Streichbogenbau.
Im Projektverlauf werden auch spezifische, auf Maß gefertigte, praxistaugliche Messvorrichtungen entwickelt, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse in den Produktionsprozess als effektiven Parameter der Qualitätskontrolle und der Fertigungssteuerung integrieren. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für Folgeprojekte. Die Projektergebnisse weisen somit eine hohe praktische Relevanz auf und werden so aufbereitet, dass sie in der Praxis des Bogenbaus direkt Anwendung finden können. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf den nachhaltigen Wissenstransfer in den regionalen Streichbogenbau gelegt.
Projektbeteiligte:
- Fakultät Physikalische Technik/Informatik (PTI) | AG Optische Technologien
- Fakultät Automobil- und Maschinenbau (AMB) | AG Werkstofftechnik
- Fakultät Kraftfahrzeugtechnik (KFT) | AG CAD-Konstruktion
- Fakultät Angewandte Kunst Schneeberg (AKS) | AG Musikinstrumentenbau
Laufzeit: 01.01.2022 - 31.12.2025