Promotionsprojekte

Luca Jost

Ein etabliertes Ziel der Forschung im Bereich Geigenbauakustik ist die statistische Verknüpfung von experimentell gewonnenen Messdaten mit der subjektiven Bewertung von Violinen durch Probanden. Eine Hauptmethode stellt dabei die Fernfeldmessung dar, die einen Frequenzgang des Instrumentsliefert. Aus dieser Messung können akustische Merkmale des gewonnen und mit Urteilen von Probanden aus Wahrnehmungsversuchen korreliert werden. Das Ziel ist es hierbei, die akustischen Merkmale zu identifizieren, die gute von schlechten Violinen unterscheiden. Ein weiterer bisher weniger erforschterAnsatz besteht darin, die baulichen Parameter von Instrumenten mit denselben akustischen Merkmalenzu korrelieren. Über die Kombination beider Schritte wäre es möglich, direkt anwendbare Empfehlungen zur Konstruktion von Violinen mit einem bestimmten klanglichen Ziel zu geben.

In einer vorangegangenen Arbeit wurden solche Zusammenhänge für einen Datensatz identifiziert und sollen in der Thesis in Form von Fallversuchen geprüft werden. Spezifisch wurde dabei der Zusammenhangeiniger Schwingungseigenschaften des Geigenbodens mit der Abstrahlung der Hohlraumresonanz A0 beobachtet. Letztere ist in der Literatur als das robusteste Qualitätsmerkmal von Violinen hervorgetreten und wird mit dem englischen Begriff "Richness" sowie Präferenzurteilen in Verbindung gebracht. Praktische Ansätze, die eine Kontrolle dieses akustischen Merkmals ermöglichen wären daher von direkter Relevanz für die Forschung und vor Allem auch für individuelle Geigenbauer.

Die Fallversuche werden in zwei Schritten durchgeführt, eine präliminäre Studie, bei der zwei Instrumenteauf geeignete Art modifiziert werden soll, erste Erkenntnisse über das akustische Verhalten ermöglichen. Darauf aufbauend werden anschließend sechs Instrumente aus stammgleichem Holz per CNC-Technikso hergestellt, dass sie soweit möglich ausschließlich in den entscheidenden Parametern differieren. Mit diesen sechs Instrumenten können anschließend Wahrnehmungstests in Form von Hör- und Spielversuchen durchgeführt werden, um die Verbindung menschlicher Klangurteile mit der Abstrahlung der Hohlraumresonanz und dadurch mit den baulichen Parametern zu etablieren.

Kazim Cevik

Kulturgeschichtliche und kulturelle Forschungen zur Saz, einem traditionellen türkischen Instrument, begannen mit der Gründung der Türkischen Republik Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Forschung zu den akustischen Eigenschaften der Saz ist hingegen sehr viel jünger.  

Die Saz wird in Anatolien und in vielen benachbarten Ländern der Türkei gespielt und ist unter unterschiedlichen Namen wie zum Beispiel als Bozuk in Syrien, Bağlama in Griechenland oder Setar bzw. Tembur im Iran bekannt. Durch die weite Verbreitung des Instruments unterscheiden sich nicht nur die Namen, sondern auch die Formen und die Spielweisen voneinander. Im geplanten Promotionsvorhaben wird der Begriff Saz gewählt und damit der Begriffswahl des türkischen Ethnomusikologen Mahmut Ragip Gazimihal (1900–1961) gefolgt.  

In den Städten hat sich der Anwendungsbereich der Saz stark entwickelt. Komponisten kreieren bzw. komponieren Solostücke für Saz, wodurch man erkennen kann, dass sich die Saz in der modernen Türkei im gesamten Volk etabliert hat. Die Verwendung der Saz hat sich in der heutigen Zeit gesteigert, besonders bei der jüngeren Generation ist dies deutlich zu erkennen. Die Beziehung und Kommunikation zwischen dem Spieler bzw. der Spielerin und dem Instrumentenbauer bzw. der -bauerin hat sich durch die gemeinsame Zuneigung zur Saz zum Positiven entwickelt, z. B. wenn es um die Änderung der Mensur, Saitenhöhe und die Saitenanzahl geht. 

Im Rückblick lässt sich feststellen, dass sich die Saz in der Türkei im Vergleich zu anderen Ländern am weitesten entwickelt hat und sich auch heute noch weiterentwickelt. Allerdings wurde der Prozess dieser Entwicklung noch nicht ausreichend protokolliert, weder aus ethnomusikologischer noch aus akustischer-messtechnischer Sicht. 

Zentrales Anliegen der Arbeit ist deshalb, die Saz als Instrument neu einzuordnen sowie den Fragen nachzugehen, ob eine Standardisierung der Stimmung – auch hinsichtlich spielpraktischer Aspekte – notwendig ist und welche Gründe sich für die bis heute auszumachende Beliebtheit des Instruments anführen lassen. 

Dafür sollen im geplanten Promotionsvorhaben die folgenden Schritte verfolgt werden: Durch die umfassenden Forschungen zur Saz hat man die Möglichkeit der passenden Auswahl des Baumaterials. Außerdem kann der Bau der Saz durch die akustisch-messtechnischen Erkenntnisse mit wissenschaftlichem Anspruch erfolgen. Man kann durch diese Methoden eine neue Ebene des Klangs erzeugen, sie visualisieren und bisher nicht hörbare Bereiche analysieren. Vibroakustische und psychoakustische Untersuchungen an der Saz werden parallel durchgeführt, um nutzbare Erkenntnisse zu gewinnen. 

In dieser Arbeit werden unterschiedliche Sazs aus ethnomusikologischer sowie aus akustischer, instrumentaler und bautechnischer Sicht betrachtet und miteinander verglichen. Auf diese Weise sollen Antworten auf Fragen nach der idealen Saitenhöhe, Mensur und Proportion gefunden und Klangunterschiede zwischen traditioneller und moderner Bauweise aufgezeigt werden.