InoEmTex - textiles System zur Steuerung der Schalldämpfung

Dauerhafter Lärm kann gesundheitliche Schäden beim Menschen hervorrufen und sich auf das körperliche, soziale und seelische Wohlbefinden auswirken. Wissenschaftler aus dem  Institut für Textil- und Ledertechnik und dem Institut für Kraftfahrzeugtechnik haben sich diesem Problem angenommen und entwickeln gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung ein dynamisches textiles System zur Schallabsorption.

Wissenschaftler aus dem  Institut für Textil- und Ledertechnik an der Fakultät Automobil- und Maschinenbau (AMB) und dem Institut für Kraftfahrzeugtechnik an der Fakultät Kraftfahrzeugtechnik der Westsächsischen Hochschule Zwickau haben sich dieses Problems angenommen und entwickeln gemeinsam mit dem Thüringischen Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung e.V. (TITK, Rudolstadt), der Firma Curt Bauer (Gewebehersteller, Aue) und der Firma Mexon GmbH (Automatisierungstechnik, Oelsnitz) ein dynamisches textiles System zur Schallabsorption.

Das Grundprinzip

Bisher am Markt erhältliche Systeme sind statisch und reagieren nicht auf Akustikänderungen im Raum. So können statische Systeme wie Platten aus Filzwolle oder Akustikschaum sowie textile Wand- und Deckensegel zwar Schall absorbieren, sie erzeugen aber immer eine gleichbleibende Raumakustik. Ziel des Projektes ist es deshalb, die Raumakustik je nach Situation automatisch so zu ändern, dass Gespräche verständlich bleiben und die Lärmbelastung gemindert wird. Interessant ist das für Räume, die vielfältig genutzt werden und zum Beispiel bei musikalischen Abendveranstaltungen eine andere Raumakustik benötigen als bei Vorträgen. Das System kann auch in Mensen, Schulungs-, Tagungs- und Büroräumen eingesetzt werden.  

Physikalisch kann die Akustik in Räumen durch die Nachhallzeit beschrieben werden. Sie ist proportional zum Raumvolumen und indirekt proportional zur äquivalenten Absorptionsfläche. Große Räume mit vielen reflektierenden Oberflächen haben somit eine lange Nachhallzeit. Das Raumvolumen ist in der Regel konstant, für die Beeinflussung der Nachhallzeit bleiben freie Oberflächen.

Wenn es gelingt, die aktuell gegebene Nachhallzeit zu erfassen und durch die Variation akustisch wirksamer Flächen zu ändern, kann die Raumakustik gezielt beeinflusst werden. Als Stellgrößen wirken der Schallabsorptionsgrad und der Flächeninhalt der akustisch wirksamen Oberflächen.

Der Prototyp zur Schallabsorption wurde im Sommer 2018 fertiggestellt. Er misst aktuell zwei Mal einen Meter und wurde mit drehbaren Dreieckselementen ausgestattet. Jede Seite des Dreieckselements wurde mit verschiedenen Materialien verkleidet. Die Stoffe haben unterschiedliche Absorptionsgrade und können dadurch unterschiedlich auf die gegebenen Raumbedingungen reagieren. Neben Schaumstoffen, Geweben und Vliesstoffen, verarbeiteten die Wissenschaftler auch ein schallhartes Material. Dieses reflektiert den Schall und erhöht dadurch die Nachhallzeit im Raum.

Die Vorüberlegungen zu den verwendbaren akustisch wirksamen Materialien fanden mit dem TITK statt. Seitens des TITK wurde ein Melamin basierter Feinstfaservliesstoff entwickelt und hergestellt, der bereits bei niedrigen Frequenzen Wirkung zeigt. Zudem wird ein Akustikgewebe der Firma Curt Bauer genutzt.

Damit sich diese Dreieckselemente automatisch im Raum ausrichten können, wurde im Projekt ein Messsystem entwickelt und in den Prototypen integriert. Die Firma Mexon GmbH aus Oelsnitz übernahm die Konstruktion und die elektrische Ansteuerung der Elemente. So kann sich die Absorberwand dynamisch auf sich verändernde Raumgegebenheiten (zum Beispiel voller oder leerer Raum) einstellen, indem die Dreieckselemente bewegt und unterschiedlich ausgerichtet werden.

Parallel dazu wurde ein Wand- beziehungsweise  Deckensegel entwickelt, welches durch Veränderung der Absorptionsfläche die Nachhallzeit im Raum beeinflussen kann. Hierfür wurden spezielle Doppelgewebe mit flexiblem Charakter der Firma Curt Bauer aus Aue entwickelt und eingesetzt. Die akustische Wirksamkeit der entwickelten Materialien wurde zunächst im Hallraum an der Technischen Universität Chemnitz gemessen und durch Messungen in einer selbst gebauten Alphakabine an der WHZ bestätigt. Die Schallabsorptionswerte des Gesamtsystems können hierbei von αw=0,20-0,90 eingestellt werden. 

Projektleiterin

Wissenschaftl. Mitarbeiter

Philipp Thiem
+49 3765 5521 25
philipp.thiem[at]fh-zwickau.de