15. Lusitanistentag 2023

Die Fakultät Angewandte Sprachen und Interkulturelle Kommunikation an der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) und die Lusitanistik an der Fakultät

Der 15. Deutsche Lusitanistentag findet an der 1992 in der Nachfolge der Technischen Hochschule Zwickau gegründeten Westsächsischen Hochschule Zwickau statt. Zwickau - am Fuße des Erzgebirges ca. 80 km südlich von Leipzig und 100 km südwestlich von Dresden gelegen - hat ca. 90.000 Einwohner. Die Stadt war in der frühen Neuzeit eines der Zentren der Reformation. Thomas Müntzer war hier an der Marienkirche tätig und auch Martin Luther hat die Stadt besucht. An der Zwickauer Ratsschule, an der in der frühen Neuzeit die Schüler in der Sprachenfolge Hebräisch, Arabisch, Griechisch, Lateinisch unterrichtet wurde, war 1519-1522 der berühmte Mineraloge Georgius Agricola Rektor und legte schon damals Wert auf berufsbezogene Sprachausbildung.

Der Reichtum der Stadt stammte vom Bergbau (Silber und Kohle). Im Zuge der Industrialisierung kam der Automobilbau hinzu: die Horch-Werke und zu DDR-Zeiten die Sachsenwerke mit der Produktion des Trabant (heute VW-Standort mit der Spezialisierung auf Elektromobilität). Daher versteht sich die WHZ 2022 als Hochschule der Mobilität und hat zwei Fakultäten die sich mit Fahrzeugbau beschäftigen.

Doch Zwickau ist nicht nur eine Industriestadt. Auch die Kultur hat ihren Platz. Robert und Clara Schumann stammen von hier, auch der Brücke-Maler Max-Pechstein.

Die Westsächsische Hochschule Zwickau hat z.Z. ca. 3500 Studierende und besitzt acht Fakultäten: Angewandte Kunst, Angewandte Sprachen und Interkulturelle Kommunikation, Automobil- und Maschinenbau, Elektrotechnik, Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Kraftfahrzeugtechnik, Physikalische Technik/Informatik und Wirtschaftswissenschaften.

Die Fakultät Angewandte Sprachen und Interkulturelle Kommunikation wurde 1996 gegründet. Hier studieren z.Z. rund 350 Studierende. Aktuell gibt es den Bachelorstudiengang Languages and Business Administration mit den Studienrichtungen chinesischsprachiger Kulturraum, frankophoner Kulturraum, iberoromanischer Kulturraum sowie Wirtschaftskommunikation Deutsch. Hinzu kommen der Diplomstudiengang Gebärdensprachdolmetschen sowie die Masterstudiengänge Language and Business Administration German-Chinese sowie im Rahmen der deutsch-französischen Hochschule des trinationalen Masterstudienganges Gestion des Projets Régionaux et Européens/Regionale und europäische Projektplanung (in Zusammenarbeit mit der Université Bretagne Sud und der Südböhmischen Universität Budweis). Zum WS 2023/24 soll der binationale Bachelorstudiengang deutsch-französische Medienkommunikation (in Zusammenarbeit mit der Université Grenoble – Alpes) starten. Außerdem unterstützt die Fakultät andere Fakultäten in den Bereichen Technisches Englisch und Deutsch als Fremdsprache.

Etablierung des Fachs Wirtschaftsportugiesisch

Zunächst startete die Fakultät mit den Diplomstudiengängen Wirtschaftssinologie, Wirtschaftsfrankoromanistik und Wirtschaftshispanistik. Portugiesisch konnte als Wahlpflichtfach wie auch Katalanisch als Drittsprache im Studiengang Wirtschaftshispanistik gewählt werden. Im Zuge der Bologna-Reform wurden die Studiengänge zum siebensemestrigen Bachelorstudiengang Languages and Business Administration zusammengefasst mit den oben erwähnten Studienrichtungen chinesischsprachiger, frankophoner und hispanophoner Sprachraum. Letzterer Schwerpunkt wurde im WS 2013/14 auf den iberoromanischen Kulturraum erweitert, womit Wirtschaftsportugiesisch als neues Fach etabliert wurde. Zusätzlich zu Spanisch können die Studierenden nun auch Portugiesisch (Allgemein- und Wirtschaftssprache) wählen und werden in vier Semestern auf das Niveau B2 gebracht, so dass es ihnen möglich ist, im 5. Semester ihr Studium an einer der portugiesischen oder brasilianischen Partneruniversitäten fortzusetzen – ein Angebot, dass von der Mehrheit der Studierenden wahrgenommen wird.

Portugiesisch kann zudem als Wahlpflichtfach auch von anderen Studierenden gewählt werden.

Der Bachelorstudiengang Languages and Business Administration ist ein interdisziplinärer Studiengang mit den Pfeilern Sprache, Wirtschaft und Interkulturelle Kommunikation. Ein einsemestriges Auslandsstudium in einem Land der gewählten Sprache und ein einsemestriges Unternehmenspraktikum sind Pflicht. Seit der stärkeren Institutionalisierung des Portugiesischen im allgemeinen und des Wirtschaftsportugiesischen im Besonderen (vgl. Werner 2018) hat sich der Anteil der Studierenden, die ihr Auslandssemester an einer der brasilianischen oder portugiesischen Partneruniversitäten absolvieren, stark erhöht. In manchen Jahren gehen bis zu 80% an eine portugiesischsprachige Partnerhochschule (Universidade do Algarve, Universidade de Aveiro, Universidade do Porto, Instituto Politécnico de Leiria, UFMG, UTFPR, Unisagrado). Vereinzelt haben Studierende auch portugiesischsprachige Länder für ihr Unternehmenspraktikum gewählt (Brasilien, Mosambik, Portugal).

Eine Besonderheit des Bachelorstudienganges Languages and Business Administration ist der Pfeiler Interkulturelle Kommunikation, durch den eine interkulturelle Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung des Auslandsjahres durch bestimmte Module erfolgt. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch das Projekt Portico, bei dem einige Studierende während ihres Aufenthaltes in einem portugiesischsprachigen Land kleine soziopragmatische Forschungsaufgaben durchgeführt haben (vgl. Berkenbusch/ Fetscher/ Johnen 2019 und Johnen 2021 mit weiteren Literaturhinweisen).

Eine zusätzliche Besonderheit des Schwerpunktes iberoromanischer Kulturraum ist, dass Spanisch und Portugiesisch auch für Lernende ohne Vorkenntnisse in beiden Sprachen aufeinander bezogen unterrichtet werden, wobei die Synergien, die sich aus der Nähe der beiden Sprachen ergeben, ausgenutzt werden. Zugleich wird das Wechseln von der einen in die andere Sprache besonders geübt.

Die stärkere Etablierung des Portugiesischen hatte in den vergangenen Jahren zur Folge, dass die Zahl an Bachelorarbeiten mit einem Thema mit Bezug zur lusophonen Welt deutlich angestiegen ist.

Seit dem WS 2021/22 ist die Studiensituation in Bezug auf das Portugiesische jedoch prekärer geworden, da die seit 2008 bestehende halbe Stelle aus Hochschulpaktmitteln ohne vorherige Evaluierung des Erreichten nicht verstetigt wurde. Dadurch ist es aus Kapazitätsgründen kaum mehr möglich über den Sprachunterricht und die sprachlernbezogenen Linguistikmodulbausteine hinaus beliebte Wahlpflichtmodule wie iberoromanisches Theater oder Wirtschafts- und Sozialgeschichte Brasiliens anzubieten.

Die oben skizzierte Entwicklung von der Drittsprache Portugiesisch zum Fach Wirtschaftsportugiesisch wurde maßgeblich von Samuel Werner, Dozent für die Wirtschaftsfachsprachen Portugiesisch und Spanisch, auf den Weg gebracht. Samuel Werner studierte Lusitanistik und Hispanistik (ergänzt durch Kulturmanagement) an der Universität Passau, der Universidade do Minho (Braga), der Universidad de Deusto (Bilbao) und der Universität Leipzig und als Gaststudent an der Universidade Federal da Bahia (Salvador). Hinzu kommen Erfahrungen durch diverse Tätigkeiten in Wissenschaft, Wirtschaft und Erwachsenenbildung. Seine Schwerpunkte in der Lehre sind:

  •  Parallele Lern- und Unterrichtsstrategien zum zeitgleichen Erlernen der portugiesischen sowie spanischen Sprache.
  •  Anwendung von Techniken des Improvisationstheaters und Storytellings für kreatives Kommunizieren in Wirtschaftsfremdsprachen
  • Erstellung von Lehrmaterial und dessen Anwendung im Bereich der schriftlichen Handelskorrespondenz (port./span.) sowie der mündlichen Wirtschaftskommunikation
  • Bewerbungstraining und `Arbeitsmarktintegration für Absolventen*innen´ in den Fachsprachen Portugiesisch und Spanisch

Durch die Berufung 2014 von Thomas Johnen auf die (von Romanische Sprachen mit den Schwerpunkten Wirtschaftsfranzösisch und Wirtschaftspanisch zu Romanische Sprachen mit den Schwerpunkten Wirtschaftsspanisch und Wirtschaftsportugiesisch) umgewidmete Professur wurde diese Entwicklung konsolidiert. Die Hauptschwerpunkte in der Forschung liegen auf kontrastiver Linguistik, kommunikativer Grammatik des Portugiesischen, Diskursanalyse, Soziopragmatik und interkultureller Pragmatik.

Zitierte Bibliographie

Berkenbusch, Gabriele / Fetscher, Doris / Johnen Thomas (2019): “Portico: Um projeto de portfólio eletrônico para o fomento da competência intercultural da Westsächsische Hochschule Zwickau / Alemanha”, in: Schröder, Ulrike / Mendes, Mariana Carneira (eds.): Comunicação (inter-)cultural em interação. Belo Horizonte: Editora da UFMG, 89-106.

Johnen, Thomas (2021): „Autonomia assistida na aquisição da competência intercultural e sociopragmática durante as estadias obrigatórias de estudos e estágio curriculares no país da língua alvo: O projeto Portico“, in: Schøsler, Lene / Härmä, Juhani / Lindschouw, Jan (eds.): Actes du XXIXe Congrès international de linguistique et de philologie romanes (Copenhague, 1-6 juillet 2019). Strasbourg: ELiPhi (Bibliothèque de Linguistique Romane; 17,2), 1489-1496.

Werner, Samuel (2018a): "'Wirtschaftsportugiesisch' als neues Studienfach in der deutschen Hochschullandschaft: Eine Zwischenbilanz des 'Zwickauer Modells'", in: Ecos de Linguagem 8:1, 156-170, unter:  https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-pedocs-224176